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"Man muss sich schlau machen und muss sich einmischen. So können wir auch von unten Dinge bewegen, ohne auf die "da oben" warten zu müssen."

Prof. Dr. Mojib Latif, beteiligter Experte im Schuljahr 2012/13

Mit Orangen, Popcorn, Knete und Klettergurten ins Hochgebirge …

…mit dieser zunächst etwas seltsam erscheinenden Ausrüstung machten sich knapp 90 SchülerInnen, Lehrkräfte des Annette-Kolb Gymnasium Traunsteins sowie ExpertInnen  auf den Weg, um vom 02.07 – 06.07.18 die k.i.d.Z.21-Austria Forscherwoche auf der Jamtalhütte bei Galtür zu verbringen.

von Christine Lämmel, Lehrkraft am Annette-Kolb-Gymnasium

Der erste Stopp in Ischgl galt als Abschreckung, um zu zeigen, wie sich gehypte Skiorte im Sommer zu Geisterstätten verwandeln. In Galtür wurde dann schon mal das erste Popcorn ausgepackt, aber natürlich nur zu Forschungszwecken, denn die Naturgefahren-Ex­per­tin Magdalena Rauter von der BOKU Wien zeigte damit und einer Orange, wie ein Lawinenairbag funktioniert. In Galtür steht man befremdet vor langen, riesigen Stein­mauern, der Funktion sich dann erschließt, wenn man den Blick nach oben zum Grieskopf richtet, des­sen Hangkante zahllose Lawinenverbauungen zieren. Bei­des scheint nötig zu sein, damit sich die Lawinenkatastrophe von 1999 für den Ort nicht wiederholt. Über den Umgang mit der ständigen Gefahr und dem Weiterleben nach einem solchen Lawinenunglück berichtet der Hüttenwirt Gottlieb Lorenz eindrucksvoll den betroffenen Schülern am Abend.

Dass der Weg von der Jamtalhütte auf den Gletscher früher viel kürzer war, sah man an alten Vergleichsaufnehmen, wo die Hütte praktisch direkt oberhalb der Gletscherzunge von 1850, dem weitesten Eisvorstoß der „Little Ice Age“, lag. Heute mussten wir mehrere Moränenkränze (Schüler: „Hügel mit bunten Steinen“) überklettern, bevor wir im Gletschervorfeld mehrere Forschungs­aufgaben zu bewältigen hatten. Als disziplinierte Seilschaft mit den Bergführern und dem Geophysiker Bernd Seiser (Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung) bestiegen wir dann den Jamtalferner, für viele Schüler war das die erste Gletscherbegehung überhaupt.

Blick auf den Jamtalferner (Foto: Rauter 2018)

Mit einem Eispickel hat vorher keiner Löcher in den Gletscher bekommen, aber jetzt..

Mit dem Dampfdruckbohrer Löcher in den Gletscher schmelzen, und dann meterlange Stangen versenken – so kann man die Höhe der Gletscherzunge messen, und das um einiges genauer als mit der Methode „Stein runterwerfen und bis zum Aufprall zählen“. Die an­ge­spann­te Stille während des Falls oder das laute Bohren – jede Methode hat so ihren Reiz…

Im Albedo-Experimtent konnte gezeigt werden, dass schmutziges Eis deutlich schneller taut als gleißend weiße Eisoberflächen.

Die Knete am Berg war nötig, um zu demonstrieren, dass sich Gletschereis wie eine nicht-newtonsche Flüssigkeit verhält – unter bestimmten Umständen: Eis reißt bei starker, plötzlicher Krafteinwirkung, reagiert aber mit einem zähplastischen Fließen bei Druck und Wärmeeinwirkung.

„Wir gehen in die Schweiz“ war das Motto der anstrengenden Tour über den alten Schmugglerpfad zum Futschölpass, den die Galtürer früher auch zurücklegten, um ihre Toten im Engadiner Nachbartal zu bestatten, denn nur dort gab es eine Pfarrei, die aber eigentlich zu Südtirol gehörte. Die Tour über scharfkantige Schuttfelder und an endemischen Pflanzen vorbei wurde in der Scharte auf 2800 m stolz in die Kamera blickend verewigt.

Der emeritierte Biologie-Professor Roman Türk von der Universität Salzburg begleitete die Schüler auf einer vegetationskundlichen Exkursion. Dabei wurde die durch den Klimawandel bedingte Verschiebung der Vegetationszonen erklärt, wofür die Schüler mit Hilfe von Ringlupen viele verschiedene Flechten bestimmten, die Zeiger für geologische und klimatische Bedingungen, aber auch für Luftverschmutzung sind. Außerdem hielt er am Abend einen spannenden Vortrag über die Antarktis.

Der morgendliche Wettercheck von Wolkenbildung, Nebel oder Tau auf den Pflanzen mit dem Hydrologen Nils Kaplan von der Universität Freiburg fand für manche Schüler noch zur gefühlten Schlafenszeit statt, dafür können viele das Wetter jetzt besser vorhersagen als die App auf dem Handy. Und dass Gletscherbäche einen deutlichen Tagesgang aufweisen, macht sich so bemerkbar, dass man den Bach in der Früh überqueren, man abends aber nur mit nassen Socken passieren kann.

Erarbeitung des Wasserkreislaufs (Foto: Allerberger 2018)

Manfred Kreiner vom Amt der Tiroler Landesregierung hat uns auch heuer wieder mit einem Abendvortrag über den Waldbau in Tirol besucht. Am nächsten Vormittag ließ er Schüler sich in Wolf, Luchs, Schaf, Bauer, Urlauber und Jäger verwandeln (nur im Rollenspiel), um die Konflikte um die „Große Beutegreifer“ im Alpenraum erlebbar zu machen.

Wir danken den WissenschaftlerInnen, die Ihr Wissen und Ihre Zeit für unsere SchülerInnen zur Verfügung gestellt haben, dem toleranten Hüttenwirt, der uns neben vielen anderen Hüttengästen mit unglaublich leckeren Gourmet-Kreationen bewirtet hat und unseren Sponsoren, dem Förderverein des AKG und dem Lions-Club Chieming.